Wilhelm Ludwig Heinrich Uloth

* 13. März 1833 Marburg
† 23. Januar 1895 Darmstadt

von Sylvain Hodvina

Wilhelm Ludwig Heinrich Uloth wurde als einziges Kind des Buchbindermeister Ferdinand Wilhelm Friedrich Uloth (* 26. März 1807 Treis a./Lumbda, † 14. Januar 1833 Marburg) und dessen Ehefrau Johanna Maria Elisabeth Ritter (* 4. April 1812 Marburg, † 1. April 1867 Nauheim) in Marburg geboren. Da der Vater schon vor Wilhelms Geburt verstarb und die Mutter keine zweite Ehe einging, dürfte die Familie bei den Großeltern in Marburg gelebt haben, dem Buchbindermeister Heinrich Christoph Ritter (1757‒1840) und seiner Ehefrau Sophie Müller (1777‒1855), denn die Großeltern väterlicherseits waren ebenfalls bereits verstorben.

Über die Jugend- und Schulzeit in Marburg ist nur bekannt, dass Wilhelm Uloth das Marburger Gymnasium besuchte und nach Abschluss einer der unteren Klasse wieder verließ. 1849 begann er eine Apothekerlehre in Treysa in der „Apotheke am Markt“ bei Apotheker Johann Heinrich Friedrich Wigand (1788‒1855), dem Vater des Botanikers Albert Wigand (1821‒1886). Für eine bei einer Preisaufgabe eingereichte Arbeit erhielt er 1852 ein Belobigungsschreiben. 1853 bestand er die Gehilfenprüfung. Danach arbeitete er als Gehilfe in Hanau, Flensburg, Aarau und Zürich. Ab 1856 folgte dann für zwei Semester ein Studium der Botanik in Zürich bei Carl Wilhelm von Nägeli (1817‒1891). Wilhelm Uloth ist nicht in den Züricher Matrikeln als eingeschriebener Student verzeichnet; während seiner Züricher Zeit war Philipp Hepp (1797‒1867) sein Flechten-Lehrer. Im Mai 1857 begann Wilhelm Uloth sein bis einschließlich Sommersemester 1859 währendes Studium an der Philipps-Universität in Marburg bei Hermann Kolbe (1818‒1884), Professor für Chemie, bei Constantin Zwenger (1814‒1884), dem Begründer der pharmazeutischen Chemie und bei Albert Wigand, außerordentlichem Professor.

Nach Ablegung der Apotheker-Prüfung im Herbst 1859 in Marburg soll er bei Zwenger mit der Arbeit „Ueber Brenzcatechin und Ericinon. Eine chemische Abhandlung“ zum Dr. phil. promoviert worden sein. Eine Promotion in Marburg ist aber nicht in den Archivakten verzeichnet und die Arbeit erschien bereits im April 1859 zu Ehren des 50jährigen Doktorjubiläums seines Großonkels, des Professors Karl Reinhard Müller (1774‒1861). Tatsächlich bewarb sich Wilhelm Uloth 1862 nach den Dekanatsakten der Friedrich-Schiller-Universität Jena bei der Jenaer Philosophischen Fakultät unter Einreichung von drei wissenschaftlichen Abhandlungen. Die Promotionsurkunde der Jenaer Absentia-Promotion ist mit dem 29. Mai 1862 datiert.

Nach einem Intermezzo als Apotheken-Verwalter 1859 in Treysa machte sich Wilhelm Uloth 1860 in Bad Nauheim selbständig mit einer chemischen Fabrik zur Herstellung chemisch-pharmazeutischer Präparate und von Mineralwasser. Wilhelm Uloth war der Erste, der die der Erde entströmende Kohlensäure technisch verwertete. 1866 wurde ihm auch der Vertrieb der Nauheimer Trinkquellen übertragen.

Wilhelm Uloth heiratete am 15. Oktober 1862 in Treysa die Hermine Maria Stephan (* 3. Dezember 1835 Treysa, † 5. Januar 1923 Bielschowitz/Schlesien), Tochter des Bürgermeisters Daniel Heinrich Stephan (* 29. Juni 1800 Treysa, † 19. Oktober 1884 Treysa) und der Amalie Elisabeth Katharina Schanz (* 25. September 1801 Raboldshausen, † 25. Juli 1874 Treysa). Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor: Hermann Daniel Heinrich (1863‒1864), Otto Heinrich Ferdinand (1865‒1929), Sophie Amalie (1867‒1934) und Friedrich Carl Reinhard (1873‒<1895).

Handschrift Wilhelm Uloth Warum er seine Fabrik 1868 aufgab, ist nicht bekannt. Er pachtete in diesem Jahr in Nauheim die Apotheke des verstorbenen Johannes Kranz (1803‒1868) und betrieb diese gemeinsam mit dessen Witwe. 1875 erwarb er aus der Konkursmasse des Apothekers Wilhelm Sturmfels (1846‒>1880) die heruntergewirtschaftete Mohren-Apotheke in Friedberg. Im Juli 1875 wurde Wilhelm Uloth zum Hof-Apotheker ernannt, er betrieb die Apotheke jedoch nur noch bis 1879, als er sie an den Apotheker Friedrich Joseph Lühn (1851‒1933) verkaufte.

Schon während seiner Apotheker-Zeit in Friedberg wirkte Wilhelm Uloth auch als provisorischer Lehrer für naturwissenschaftlichem Unterricht an der landwirtschaftlichen Schule sowie am Schullehrerseminar in Friedberg. Nach dem Verkauf der Friedberger Apotheke zog er nach Bensheim um und trat dort im Juli 1880 eine Stelle als Lehrer der Naturwissenschaften am Schullehrerseminar an. Doch auch diese Tätigkeit übte er nur kurze Zeit aus, denn im November 1881 wurde er mit dem Titel Obermedizinalassessor Mitglied der Abteilung Gesundheitspflege (als vortragender Rat für pharmazeutische Angelegenheiten) im Ministerium des Innern und der Justiz in Darmstadt. Darauf folgte die Berufung als Professor der Pharmazie an die Technische Hochschule in Darmstadt im April 1884 mit dem neugegründeten Lehrstuhl für Pharmakognosie und die Beförderung zum Obermedizinalrat im Mai 1884. Gleichzeitig wurde Wilhelm Uloth auch Leiter des Chemischen Untersuchungsamtes, dem er bis 1889 vorstand. Für seine Verdienste wurde Wilhelm Uloth im November 1894 mit dem Ritterkreuz I. Klasse des Verdienstordens Philipps des Großmütigen ausgezeichnet.

Wilhelm Uloth starb am 23. Januar 1895 in Darmstadt an Herzschlag und wurde am 28. Januar begraben.

Schon während seiner Lehrzeit und den Gehilfenjahren eignete sich Wilhelm Uloth umfassende Kenntnisse der Höheren Pflanzen und Kryptogamen an. Dabei knüpfte er auch Kontakte zu anderen Naturforschern, so etwa zu dem Moossystematiker Karl Johann August Müller (1818‒1899) in Halle oder dem in Fulda lebenden Apotheker Ernst Georg Dannenberg (1826‒1896). Sein umfangreiches, auf zahllosen Exkursionen erworbenes Wissen publizierte er erstmals als „Beiträge zur Flora der Laubmoose und Flechten von Kurhessen“. Ursprünglich als umfangreiche Flora geplant, musste er wegen fehlender Zeit eine auf Fundortangaben reduzierte Version veröffentlichen. Eine Ergänzung fanden diese Mitteilungen 1865 durch Nachträge von Funden aus der Umgebung seines Wohnortes Nauheim. Danach gab es keine weiteren Publikationen über Kryptogamen. Floristisch trat Wilhelm Uloth dann erst später wieder in Erscheinung. Zunächst Ende der 1880er Jahre, indem er dem Schulrat Ludwig Karl Friedrich Dosch (1827‒1907) für seine 1888 erschienene Neuauflage der „Excursionsflora der Blüten- und höheren Sporenpflanzen … des Grossherzogtums Hessen un der angrenzenden Gebiete“ durch „eine reichhaltige Angabe von neuen Standorten … einen wesentlichen Dienst“ erwies. Und für den 1892 erschienenen „Führer durch den Odenwald und die Bergstrasse“ des Gymnasialdirektors Georg Windhaus (1847‒1897) stellte er eine Übersicht von mehr als 300 Sippen seltener Höherer Pflanzen des Odenwaldes und der Bergstraße zusammen, die noch in etlichen weiteren Auflagen des Führers nach Uloths Tod enthalten war.

Wilhelm Uloths Hessisches Herbarium befand sich im Botanischen Institut der Technischen Hochschule Darmstadt. Es wurde bei der Bombardierung Darmstadts durch britische Flugzeuge am 11./12. September 1944 vollständig vernichtet. Lichenen-Belege liegen in M, Phanerogamen-Belege in B, DANV, FR, GOET, HBG, JE, MB, MSTR, NA, WIES und WRSL.

Das botanische Autorenkürzel lautet „Uloth“.

Von Uloth beschriebene Flechten:
Myriospora Nägeli ex Uloth 1861 ‒ Flora 44(39): 617
Myriospora macrospora (Bagl.) Uloth 1861 ‒ Flora 44(39): 617
Myriospora rufescens (Ach.) Uloth 1861 ‒ Flora 44(39): 618
Myriospora smaragdula (Ach.) Uloth 1861 ‒ Flora 44(39): 618
Phacopsis macrospora Uloth 1861 ‒ Flora 44(41): 653

Nach Uloth benannte Pflanzen:
Cercidospora ulothii Koerb. 1865 ‒ Parerga lichenol. 5: 466
Didymosphaeria ulothii G. Winter 1886 ‒ Hedwigia 25(1): 26
Salix ulothii Rouy 1904 ‒ Rev. Bot. Syst. Geogr. Bot. 2(23): 173

Publikationen:
Uloth: Kryptogamenflora Hessen
  • 1859: Ueber Brenzcatechin und Ericinon. Eine chemische Abhandlung. ‒ Joh. Aug. Koch, Marburg. 18 Seiten.
  • 1859: Ueber Brenzcatechin und Ericinon. Eine chemische Abhandlung. ‒ Ann. Chemie Pharmacie 111(2): 215‒229, Leipzig, Heidelberg.
  • 1860: Beiträge zur Physiologie der Cuscuteen. ‒ Flora 43(17): 257‒268; 43(18): 273‒281, Taf. II, III, Regensburg.
  • 1861: Beiträge zur Flora der Laubmoose und Flechten von Kurhessen. ‒ Flora 44(10): 145‒158; 44(11): 161‒175; 44(12): 177‒187; 44(36): 565‒576; 44(37): 585‒592; 44(38): 598‒607; 44(39): 617‒622; 44(41): 649‒656; 44(45): 713‒716; 44(46): 735‒736; 44(47): 745‒752; 44(48): 761‒763, Regensburg.
  • 1865: Beiträge zur Kryptogamenflora der Wetterau. ‒ Ber. Oberhess. Ges. Natur- Heilk. 11: 92‒99, Gießen.
  • 1865: Beiträge zur Kenntniss einiger Lichenensporen. ‒ Ber. Oberhess. Ges. Natur- Heilk. 11: 146‒154, 1 Taf., Gießen.
  • 1867: Ueber Wachsbildung im Pflanzenreich. ‒ Flora 50(25): 385‒392; 50(27): 417‒425, Taf. VII, Regensburg.
  • 1871: Ueber die Keimung von Pflanzensamen in Eis. ‒ Flora 54(12): 185‒188, Regensburg.
  • 1871: Analyse des Wassers des „Karlsbrunnen“ zu Bad Nauheim. ‒ Neues Jahrb. Pharmacie 36(2): 82‒90, Speyer.
  • 1872: Ueber Condurango. ‒ Neues Jahrb. Pharmacie 37(2): 65‒69, Speyer.
  • 1873: Ueber das „Karlsbader Salz“. ‒ Neues Jahrb. Pharmacie 39<7b>(1): 5‒15, Speyer.
  • 1875: Ueber Pflanzenschleim und seine Entstehung in der Samenepidermis von Plantago maritima und Lepidium sativum. ‒ Flora 58(13): 193‒200; 58(14): 209‒216, Taf. VI, Regensburg.
  • 1875: Ueber die Keimung von Pflanzensamen in Eis. ‒ Flora 58(17): 266‒268, Regensburg.
  • 1875: Die Wachsthumsgeschichte der Kleeseide und die Mittel zu ihrer Vertilgung. ‒ Zeitschr. Landwirthschaftl. Ver. Großherzogth. Hessen 45: 129‒133, 1 Taf., Darmstadt.
  • 1878: Botanische Mittheilungen [1. Ueber die Verzweigungsweise der Bäume mit hängenden Aesten. 2. Bildungsabweichungen an Rosen. 3. Verlaubungen der Hüllen und Hüllchen bei Umbelliferen. 4. Birne mit Kelch]. ‒ Ber. Oberhess. Ges. Natur- Heilk. 17: 1‒14, Taf. I, Gießen.
  • 1881: Ueber die Ueberwinterung der Kleeseide. ‒ Neue landwirthschaftl. Zeit. 30: 5‒9, Stuttgart.
  • 1892: Verzeichnis meist seltener im Odenwald und der Bergstrasse vorkommender Pflanzen. In: G. Windhaus (Hrsg.): Führer durch den Odenwald und die Bergstrasse, 4. Aufl., 208‒219. ‒ Arnold Bergstraesser, Darmstadt. [nach dem Tode Uloths auch in späteren Auflagen mit nur geringen Änderungen enthalten; 1892: 4., 1896: 5., 1899: 6., 1901: 7., 1903: 8., 1906: 9. Aufl.; von der 6. Aufl. 1899 an unter dem Titel „Zur Botanik"; zuletzt in der 9. Aufl. 1906, S. 29‒40].
Publikationen über Wilhelm Uloth:
  • M[üller] K[arl] 1859: Ueber Brenzcatechin und Ericinon. Eine chemische Abhandlung von Wilhelm Uloth. Marburg 1859. 18 S. ‒ Bot. Zeit. 17(23): 207, Leipzig.
  • Anonymus 1895: Obermedizinalrat Dr. Uloth †. ‒ Darmstädter Zeit. 119(61): 268 (6. Februar), Darmstadt.
  • Anonymus 1895: Obermedizinalrat Dr. Uloth †. ‒ Apotheker-Zeit. 10(12): 101, Berlin.
  • D. 1895: Aus Hessen [Uloth †]. ‒ Pharmaceut. Zeit. 40(11): 86, Berlin.
  • Schenck H. 1908: Das Botanische Institut. In: Festschrift zur Feier der Eröffnung der Erweiterungsbauten am 23. Juli 1908, 161‒162. ‒ Technische Hochschule Darmstadt.
  • Dann G. E. 1926: Hervorragende deutsche Apotheker des 19. Jahrhunderts. ‒ Apotheker-Zeit. 41(85): 1173‒1176, Berlin. [1173].
  • Ludwig W. 1964: Der Botaniker Wilhelm Uloth. ‒ Hess. Florist. Briefe 13: 13‒18, Darmstadt.
  • Grummann V. † 1974: Biographisch-bibliographisches Handbuch der Lichenologie. ‒ J. Cramer, Lehre. IX + 44 + 839, 43 Tafeln Seiten. [51].
  • Hein W.-H. & H.-D. Schwarz 1978: Deutsche Apotheker-Biographie. ‒ Veröff. Internat. Ges. Gesch. Pharmazie N.F. 46: 1‒788, Stuttgart. [702].
  • Hertel H. 1980: Index collectorum Lichenum Herbarii Monacensis. ‒ Mitt. Botan. Staatssamml. Müchen 16: 333‒462, München. [445].
  • Stafleu F. A. & R. S. Cowan 1986: Taxonomic literature. A selective guide to botanical publications and collections with dates, commentaries and types. VI: Sti‒Vuy. 2nd ed. ‒ Bohn, Scheltem & Holkema, Utrecht/Antwerpen. 926 Seiten. [584‒585].
  • Blaufuß & Reichert 1992: Die Flora des Nahegebietes und Rheinhessens. ‒ Pollichia-Buch 26: 1‒1061, Bad Dürkheim. [84].
  • Frahm J.-P. & J. Eggers 2001: Lexikon deutschsprachiger Bryologen. ‒ Norderstedt. 672 Seiten. [530].
  • Arcadia L. in & K. Knudsen 2012: The name Myriospora is available for the Acarospora smaragdula group. ‒ Opusc. Philolichenum 11: 19‒25, New York. [http://sweetgum.nybg.org/images3/479/369/OP11_p4.pdf]

Universitätsarchiv Marburg (Bestand 307d Nr. 96 I, II & III; https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/signatursuche.action)
Universitätsarchiv Jena (Bestand M, Nr. 376; Auskunft M. Dudek)

Handschrift: Herbaretikett von Wilhelm Uloth, Beleg in DANV

© BVNH 30. April 2020