Ludwig Philipp Carl Scriba

* 1. September 1847 Offenbach
† 28. Februar 1933 Frankfurt-Höchst

von Sylvain Hodvina

Ludwig Philipp Carl Scriba

Ludwig Philipp Carl Scriba wurde als einziges Kind des Soldaten und Bataillons-Adjunkten (später Ministerialsekretär im Kriegsministerium) Georg Hermann Scriba (* 19. Juli 1819 Forsthaus Achtstauden in Raunheim, † 6. September 1867 Darmstadt) und der Elisa Catharina Spengler (* 6. Juli 1821 Offenbach, † 23. Februar 1875 Darmstadt) am 1. September 1847 in Offenbach geboren.

Zunächst besuchte Ludwig Scriba das Institut Schmitz, ein Darmstädter Privatgymnasium, bevor er im Oktober 1862 auf die höhere Gewerbeschule wechselte, den Vorläufer des Polytechnikums und der späteren Technischen Universität. Diese Schule schloß er nach zwei Schuljahren im August 1864 mit dem Maturitätszeugnis ab (als Berufswunsch gab er Seemann an). Anschließend studierte er ab Oktober 1864 am eidgenössischen Polytechnikum in Zürich (seit 1911 Eidgenössische Technische Hochschule) das mechanisch-technische Fach und erwarb am 8. August 1867 das Diplom eines Maschinen-Ingenieurs.

Nach Ableistung eines praktischen Kurses wurde er Anfang 1869 als Ingenieur bei der „Maschinenfabrik, Eisengiesserei und Schiffsbauwerkstatt von Waltjen & Co.“ in Bremen angestellt. Während des deutsch-französischen Krieges 1870/71 wurde Ludwig Scriba als Mitglied der Turngemeinde Bessungen in einem sogenannten Turner-Sanitäts-Corps eingesetzt (die hessischen Sanitäts-Corps bestanden meist aus Turnern) und war von Anfang August bis Ende September 1870 beim 4. hessischen Feldlazarett im lothringischen Montigny und Ars (Umgebung von Metz). Neben Transport und Aufbau der Lazarette gehörte auch die Pflege Verwundeter zu seinen Aufgaben.

Ab Ende 1871 wirkte Ludwig Scriba zunächst als Ingenieur bei der „Berliner Maschinenbau-Actien-Gesellschaft“ (vormals Eisengießerei und Maschinenfabrik Schwartzkopff und Nitsche), dann bei der „Eisengießerei und Maschinenbauanstalt August Borsig“ und schließlich bei „Appleby Brothers“ in Greenwich (seit 1889 Stadtteil von London), sämtlich Produzenten von Dampflokomotiven. Ende 1874 kehrte er nach Darmstadt zurück.

Am 28. September 1875 heiratete Ludwig Scriba in Groß-Umstadt die Amalie Fabricius (* 27. Juni 1852 Niederweisel, † 6. Mai 1935 Frankfurt-Höchst), Tochter des Kirchenrates Wilhelm Justus Fabricius (* 19. November 1808 Leeheim, † 27. April 1890 Höchst) und der Auguste Wilhelmine Luise Draudt (* 12. September 1819 Gundernhausen, † 12. Mai 1889 Groß-Umstadt). Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor: Elise Auguste Christiane (1876‒1939), Friedrich Ludwig (1878‒1882), Wilhelm Georg (1880‒1954) und Ludwig Otto (1885‒1968).

Über die weitere berufliche Tätigkeit von Ludwig Scriba ist bekannt, dass er im Jahre 1876 nach Frankfurt am Main zog, wo er sich bis Ende 1877 an der „Maschinen- und Armaturenfabrik“ beteiligte, gegründet 1874 in Frankfurt-Sachsenhausen von Hermann Breuer aus Elberfeld. Als diese Firma 1878 nach Höchst umzog und dort mit der Produktion von Gas- und Wasser-Armaturen zu einem der größten Industrieunternehmen in Höchst wurde, erwarb Ludwig Scriba ebenfalls eine Liegenschaft in Höchst am Main. Am 29. September 1878 erteilte die königliche Regierung in Wiesbaden die Genehmigung auf dem Grundstück eine aus zwei Kupolöfen und zwei Trockenöfen bestehende Eisengießerei in einem bereits vorhandenen Gebäude einzurichten („Höchster Gießereien L. Scriba“). Laut Werbung stellte die Firma „Autoclaven, Sodakessel, Sulfatpfannen, gusseiserne und Bleigefässe aller Art, Retorten etc.“ her und wurde bekannt durch die Herstellung von Gußformen größten Ausmaßes; als Spezialität fertigte sie auch gußeiserne Apparate mit einem bestimmten Nickelgehalt für die chemische Industrie.

Handschrift Ludwig Scriba Das naturkundliche Interesse Ludwig Scribas, der 1890 Mitglied der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft wurde, richtete sich zunächst auf die Entomologie, bevor er sich ab Ende der 1880er Jahre der Flechtenflora zuwandte. Als Autodidakt arbeitete er sich in die Materie ein und wurde durch Kontakt zu den Lichenologen Edvart August Vainio, Botaniker in Helsingfors (1853‒1929), und Ferdinand Christian Gustav Arnold, Jurist in München (1828‒1901), allmählich zu einem Spezialisten für die Gattung Cladonia. Ludwig Scriba gehörte zu den kenntnisreichen Botanikern seiner Zeit, publizierte jedoch nur sehr wenig; dagegen stand er in regem brieflichen Kontakt zu anderen Lichenologen und teilte diesen seine Funde mit. Zu nennen sind hier Christian Friedo Eckhard Erichsen, Volksschullehrer in Hamburg (1867‒1945), und Georg Hermann Zschacke, Lehrer in Bernburg (1867‒1937). Engen Kontakt hatte er zu Johann Heinrich Sandstede, Bäcker in Bad Zwischenahn (1859‒1951), der seit Frühjahr 1918 ein umfangreiches Exsiccatenwerk herausgab, zu dem Ludwig Scriba etliche Nummern beisteuerte.

Seine umfangreichen Aufsammlungen im Untermaingebiet publizierte Ludwig Scriba 1900 als „Cladonien, hauptsächlich im Taunus gesammelt“. Herbarstudien führten ihn nach Leiden, Paris und Wien. In Rostock widmete er sich dem dortigen Flechtenherbar von Heinrich Gustav Flörke, Pfarrer in Rostock (1764‒1835), und konnte Dubletten aus dessen Sammlung in sein Herbarium einreihen. Seine Sammlung erweiterte er auch durch Schenkungen von Adalbert Geheeb, Apotheker und Bryologe in Geisa (1842‒1909) oder Géraud Parrique, Geistlicher in Sorbiers/Loire (1851‒1907), von dem er nahezu 1200 Belege erhielt. Aber auch durch Kauf konnte er seine Sammlung erweitern, so durch das 1915 angebotene Original der Cladonien-Sammlung, die Adolf Dufft, Fabrikbesitzer in Potsdam (1803‒1875), 1860 für die „Naturgetreuen Abbildungen der in Deutschland wachsenden Cladonien“ zusammenstellte.

Als anerkannter Cladonien-Spezialist erhielt er auch von dem in Korea missionierenden Mönch Emile Joseph Taquet (1873‒1952) dessen dortige Flechtenaufsammlungen, die er 1913 publizierte und die in seiner Cladonien-Sammlung von etwa 7800 Belegen ein eigenes Faszikel bilden. Neben umfangreichen Teilsammlungen aus Deutschland und Europa besaß Scriba auch Cladonien aus Japan, Australien, Nord- und Südamerika. Seine Verdienste um die Flechtenkunde führten am 1. September 1927 zur Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Universität zu Frankfurt.

Ludwig Philipp Carl Scriba starb am 28. Februar 1933 in Frankfurt-Höchst.

Sein umfangreiches Herbar liegt heute im Herbarium Senckenbergianum (FR), andere Belege liegen in E, GRA, L, M, MICH, NMW, POLL und W. Die in Berlin (B) vorhandenen Belege wurden bei der nächtlichen Bombardierung durch britische Flugzeuge und vollständigen Zerstörung des Herbars Anfang März 1943 vernichtet.

Zu Ehren Ludwig Scribas wurde 1952 der Schwarze Weg in Frankfurt-Höchst (in dessen Bereich die Eisengießerei lag) in Ludwig-Scriba-Straße umbenannt. Eine angebliche Tätigkeit als stellvertretender Bürgermeister der Stadt Höchst am Main konnte in den überlieferten Unterlagen nicht nachgewiesen werden.

Das botanische Autorenkürzel lautet „L.Scriba“.

Von Scriba beschriebene Pflanzen:
Cladonia flabelliformis f. cornuta L.Scriba in Erichsen 1913 ‒ Verhandl. Naturwissenschaftl. Ver. Hamburg 21: 53
Cladonia furfuracea f. pulverulenta L.Scriba in Sandstede 1926 ‒ Cladon. Exsicc. no. 1473
Cladonia ochracea L.Scriba in Sandstede 1923 ‒ Cladon. Exsicc. no. 1005
Cladonia verticillata f. gentilis L.Scriba in Sandstede 1927 ‒ Cladon. Exsicc. no. 1642


Nach Scriba benannte Pflanzen:


Die Phanerogamengattung Scribaea wurde benannt zu Ehren des deutschen Pfarrers Ludwig Gottlieb Scriba (* 3. Juni 1736 Nieder-Beerbach; † 31. Mai 1804 Arheilgen), einem Bruder von Ludwig Scribas Urgroßvater.

Publikationen:
Scriba: Flechten Taunus
  • 1897: Cladonien, um Altenau im Harz gesammelt. ‒ Beiblatt Hedwigia 56(3): (81)‒(82), Dresden.
  • 1900: Cladonien, hauptsächlich im Taunus gesammelt. ‒ Beiblatt Hedwigia 39(2): (43)‒(47), Dresden.
  • 1913: Cladonien aus Korea. ‒ Hedwigia 53(4/5): 173‒178, Dresden.
Publikationen über Ludwig Scriba:
  • Scriba C. 1884: Genealogisch-biographische Übersicht der Familie Scriba, 2. Aufl. ‒ C. Scriba, Friedberg. XV + 285 Seiten. [113‒114].
  • Zschacke H. 1908: Ein Beitrag zur Flechtenflora des unteren Saaletales. ‒ Zeitschr. Naturwiss. 80: 231-253, Leipzig. [241].
  • Sandstede H. 1922: Die Cladonien des nordwestdeutschen Tieflandes und der deutschen Nordseeinseln. ‒ Abhandl. Naturwiss. Ver. Bremen 25(2): 89‒243, Bremen.
  • Erichsen C. F. E. 1928: Die Flechten des Moränengebiets von Ostschleswig. ‒ Verhandl. Botan. Ver. Prov. Brandenburg 70: 1-129, Berlin-Dahlem. [1].
  • Anonymus 1933: Zum Tode Ludwig Scribas. ‒ Höchster Kreisblatt, Main-Taunus-Zeitung vom 2. 3. 1933: 6, Frankfurt-Höchst.
  • Grummann V. † 1974 (Hrsg. O. Klement): Biographisch-bibliographisches Handbuch der Lichenologie. ‒ J. Cramer, Lehre. IIX + 839 Seiten. [A 48].
  • Stafleu F. A. & R. S. Cowan 1985: Taxonomic literature. A selective guide to botanical publications and collections with dates, commentaries and types. 5: Sal‒Ste, 2. ed. ‒ Bohn, Scheltema & Holkema, Utrect/Antwerpen, W.Junk, The Hague/Boston. 1066 Seiten. [464].
  • Schöller H. 1997: Der Bad Homburger Arzt und Botaniker Heinrich Will (1840‒1901) im Forschungsinstitut Senckenberg. ‒ Natur Museum 127: 165‒181, Frankfurt am Main. [173].
  • Schöller H. & J. Kalthoff 1999: Die Flechten-, Moos- und Pilzsammlungen im Herbarium Senckenbergianum (FR). ‒ Cour. Forsch.-Inst. Senckenberg 217: 45‒71, Frankfurt a. M. [49].
  • Redeker H. 1999: Bedeutende Sammler des Herbarium Senckenbergianum (FR). ‒ Cour. Forsch.-Inst. Senckenberg 217: 73‒126, Frankfurt a. M. [105].

Quellen:
Bildnis und ergänzende genealogische Angaben: Familienbund Scriba-Schreiber (K. Scriba, Groß-Umstadt)
Handschrift: Ludwig Scriba, Herbarium Senckenbergianum (FR)
Hochschularchiv der ETH Zürich (M. Brajkovic), Signatur EZ-Rek 1/1/1393
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt (H.-G. Bott), Signatur: Höchst Nr. 1.845, Laufzeit 1887-1926

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