Paul August Kesselmeyer

* 10. September 1813 Frankfurt am Main
† 16. Februar 1897 Frankfurt am Main

von Sylvain Hodvina

Paul August Kesselmeyer

Paul August Kesselmeyer wurde am 10. September 1813 als jüngstes von drei Kindern des Kaufmanns Johannes Kesselmeyer (* 21. Februar 1775 Lahr (Baden), † 26. November 1846 Frankfurt am Main) und dessen Ehefrau Wilhelmine Maria Polexine Besthorn (* 20. Februar 1781 Frankfurt am Main, † 26. April 1863 Frankfurt am Main) in Frankfurt am Main geboren. Seine Geschwister waren Carl Wilhelm (1806‒1891) und Amalia Louise (1808‒1875).

Über die Jugend- und Schulzeit in Frankfurt am Main ist nur bekannt, dass er zunächst die Musterschule (Realschule) besuchte und nach deren Abschluß mit 15 Jahren 1828 eine Lehre im Seidenwarengeschäft der Gebrüder Samuel Passavant (1787‒1855) und Philipp Jakob Passavant (1782‒1856) an der Hauptwache begann. Nach der Lehrzeit blieb er als Handlungsgehilfe bis 1835 in dieser Firma. Danach war er als Kaufmann in Lyon und Paris tätig, bevor er im Dezember 1840 in Frankfurt am Main ein eigenes Modewarengeschäft gründete.

Im Jahre 1851 gab er sein eigenes Geschäft auf und wurde, nach dem Tod des Kaufmanns Jacob Emil Bernus (1805‒1851), zusammen mit dessen Witwe Susanna Bertha Bernus (geb. Grunelius, 1808‒1877) Gesellschafter des Seidenwarengeschäfts „Bernus & Comp.“. Auch dieses verließ er nach einigen Jahren wieder und lebte fortan als „Privatier“ von seinem Vermögen im Elternhaus am Nürnbergerhof.

Autodidaktisch bildete sich Paul August Kesselmeyer neben seinem Beruf sowohl in Sprachen als auch in Naturwissenschaften fort, vor allem in Geologie und Botanik. Studienreisen unternahm er nach England (wo sein Bruder lebte), nach Frankreich, Korsika (Juni 1867) und Italien sowie in die Donauländer und bis nach Montenegro.

Seit 1859 gehörte Paul August Kesselmeyer der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft an und war in den Jahren 1862 und 1863 zweiter Sekretär der Direktion der Gesellschaft.

Nach dem Ende der Freien Reichsstadt Frankfurt am Main in Folge des Deutsch-Österreichischen Krieges von 1866 und dem Anschluß Frankfurts an Preußen im Oktober 1866 wollte Paul August Kesselmeyer als geborener Republikaner nicht mehr Bürger der nunmehr preußischen Stadt Frankfurt sein und bemühte sich über die Rechtsanwälte Russenberger & Sohn in Schaffhausen um Schweizer Bürgerrecht. Seinem Antrag wurde nach Zahlung von 2400 Franken im Oktober 1868 stattgegeben und fortan lebte er zwar weiterhin in Frankfurt am Main, allerdings als Schweizer Staatsbürger mit Bürgerrecht der Stadt Schaffhausen. Von einem Aufenthalt oder einer Niederlassung in Schaffhausen gibt es in den dortigen Archivunterlagen keinen Nachweis. Allerdings wird er in Mitgliedsverzeichnissen mehrerer Vereine in den 1870er und 1880er Jahren stets mit Wohnsitz Schaffhausen genannt. Erst im Juli 1889 beantragte Paul August Kesselmeyer die Auflösung des Schweizer Bürgerrechts und wurde wieder deutscher Staatsbürger.

Handschrift Paul August Kesselmeyer, Beleg aus FR Von Paul August Kesselmeyer sind keine botanischen Publikationen bekannt. Vom botanischen Nachlass sind vor allem seine zahlreichen Herbarbelege und seine Bibliothek erwähnenswert. So hinterließ er dem Herbarium Senckenbergianum 150 Faszikel Phanerogamen aus Deutschland und zwei Faszikel Kryptogamen. Außerdem gibt es eine Blattpilz-Sammlung mit Belegen aus Ungarn und den Alpen. Nicht auf allen Scheden schrieb er seinen Namen vollständig aus, vielfach kürzte er ab zu „PAK“. Auf den meisten Scheden ist kein Sammeldatum verzeichnet. Datierte Belege stammen aus dem Zeitraum von 1856 bis 1876.

Publizistisch in Erscheinung trat er nur zwischen 1860 und 1865 mit mehreren Aufsätzen zu Meteoriten, wobei zwar seine umfangreichen tabellarischen Erfassungen von Meteoriten-Einschlägen gewürdigt wurden, seine Ansichten zum Ursprung der Meteoriten (die er für vulkanischer Herkunft hielt) jedoch schärfste Ablehnung erfuhren.

Aus Verbundenheit zur Senckenbergischen Gesellschaft vermachte er ihr neben seinen gesamten mineralogischen und botanischen Sammlungen auch seine Bibliothek, darunter etwa 345 botanische Werke, wie eine siebenseitige Übersicht der im Jahre 1893 empfangenen Geschenke der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft ausweist. Darunter befanden sich neben zahlreichen Floren des 18. und 19. Jahrhunderts aus allen europäischen Gegenden auch etliche alte Werke, so von Johann Bauhin die dreibändige „Historia plantarum“ von 1650‒1651, von Hieronymus Bock das „Kräuterbuch“ von 1580 oder von Otto Brunfels das „Herbarum vivae eicones“ von 1532.

Paul August Kesselmeyer starb am 16. Februar 1897 nach längerer Krankheit in Frankfurt am Main.

Die Herbarbelege befinden sich hauptsächlich in FR, einzelne Belege auch in B, BRNU, GZU, HBG, HEID, JE, P und W.

Von Kesselmeyer beschriebene Pflanzen:


Nach Kesselmeyer benannte Pflanzen:


Publikationen:
  • 1860: Über den Ursprung der Meteorsteine. ‒ Heinrich Ludwig Brönner, Frankfurt am Main. 144 Seiten.
  • 1861: Ueber den Ursprung der Meteorsteine. ‒ Abh. Senckenberg. Naturforsch. Ges. 3, 313‒454, Tafel XII‒XIV, Frankfurt am Main.
  • 1862: Ueber den Meteorstein von Lous-le-Saunier im Jura-Departement. ‒ Ann. Physik 117, 525‒526. Leipzig.
  • 1863: Ueber einige angebliche Meteorsteinfälle. ‒ Ann. Physik 120, 506‒508, Leipzig.
  • 1864: Aelteste Nachricht über den Meteorsteinfall zu Ensisheim. ‒ Ann. Physik 121, 333‒335. Leipzig.
  • 1864: Meteorsteinfall bei Tirlemont in Belgien, am 7. Dec. 1863 und über den angeblichen Meteorsteinfall bei Brest, am 10. Jan. 1864. ‒ Ann. Physik 122, 186‒189. Leipzig.
  • 1864: Ueber zwei vermeintliche Meteorsteine in Griechenland. ‒ Ann. Physik 122, 494. Leipzig.
  • 1864: Der Meteorsteinfall zu Orgueil und Nohic bei Montauban in Südfrankreich, am 14. Mai 1864. ‒ Ann. Physik 122, 654‒658. Leipzig.
  • 1865: Muthmassliche Brandstiftung durch eine Feuerkugel. ‒ Ann. Physik 126, 188‒191. Leipzig.
  • 1895-1897: Der ewige, allgegenwärtige und allvollkommene Stoff, der einzige mögliche Urgrund alles Seyns und Daseyns. Von einem freien Wandersmann durch die Gebiete menschlichen Wissens, Denkens und Forschens. ‒ Veit, Leipzig. 1 (1895), XII + 580; 2 (1896), VI + 449; 3 (1896), V + 457; 4 (1897), VI + 374 Seiten.
Rezensionen:
  • Heis E. 1862: Ueber den Ursprung der Meteorsteine. ‒ Wochenschr. Astron. Meteorol. Geogr., Neue Folge 5(14), 105‒110, Halle.
Quellen:
  • Schrotzenberger R. 1884: Francofurtensia. Aufzeichnungen zur Geschichte von Frankfurt am Main. ‒ Selbstverlag, Frankfurt am Main. [V] + 288 Seiten.
  • Anonymus 1893: Geschenke und Erwerbungen Juni 1892 bis Juni 1893. ‒ Ber. Senckenberg. Naturforsch. Ges. Frankfurt am Main 1893, XXVI‒LXIX, Frankfurt am Main.
  • Knoblauch A. 1897: III. Jahresbericht. [VI: Am 16. Februar verschied im 83. Lebensjahre Paul August Kesselmeyer, der ...]. ‒ Ber. Senckenberg. Naturforsch. Ges. Frankfurt am Main 1897, V‒XXXI, Frankfurt am Main.
  • Redeker H. 1999: Bedeutende Sammler des Herbarium Senckenbergianum (FR) [Seiten 88‒89]. ‒ Cour. Forsch.-Inst. Senckenberg 217, 73-126, Frankfurt am Main.
  • Stadtarchiv Schaffhausen (M. Wunderli)

Bildnis: © Archiv Herbarium Senckenbergianum Frankfurt/M. (FR)

Handschrift: Paul August Kesselmeyer, Beleg aus FR

© BVNH 1. Febr. 2016