Johannes [Hans] Karl Ernst Hupke

* 6. Juni 1888 Gramenz
† 31. Oktober 1976 Feldatal

von Stefan Dressler

Hans Hupke

Johannes Karl Ernst Hupke wurde als ältestes von 2 Kindern des Meiereiverwalters Wilhelm Hermann Hupke (* 31. März 1860 Zemmin, Kreis Stolp, heute Cieminko, † 7. April 1890 Gramenz, Kreis Neustettin, heute Grzmiaca) und dessen Ehefrau Hanna Juliane Sophie Mietz (* 13. Mai 1863 Rummelsburg, heute Miastko, † 21. Mai 1892 Neustettin, heute Szczecinek) am 6. Juni 1888 in Gramenz (Pommern) geboren. Sein Bruder war Wilhelm Friedrich Karl (1889‒1956).

Nach dem frühen Tod der Eltern wuchsen die Kinder in der Obhut ihres Onkels mütterlicherseits Johannes Mietz auf, der als Lehrer in der Kleinstadt Zanow (Pommern, heute Sianów) tätig war. Der Onkel übernahm die weitere Erziehung der beiden Jungen und unterrichtete sie in seiner Freizeit in Naturgeschichte und Musik. Hans Hupke war schon als Kind von der Pflanzenwelt fasziniert und versuchte sich hin auch im Pressen der Blumen. Er wurde im Klavier- und Orgelspiel unterrichtet, so daß er bereits mit 12 Jahren in dem kleinen Städtchen Zanow hin und wieder die Orgel spielte.

In Köslin (Pommern, heute Koszalin) absolvierte er das Gymnasium und schloß mit dem Abitur ab. Anschließend besuchte er auf Wunsch seines Onkels das Lehrerseminar in Neustettin (Pommern, heute Szczecinek). Ein Jahr vor dem Abschluß verließ er das Seminar, da er kein Lehrer werden wollte. Vielmehr zog es ihn in die Welt hinaus.

Auf dem Ehrenbreitstein (Koblenz) trat er in den aktiven Militärdienst. In den Jahren von 1914 bis 1918 kämpfte er an allen Fronten des ersten Weltkrieges und wurde an der Frankreichfront verschüttet. 1915 heiratete er in Köln Maria Jost (* 7. Juli 1889 Köln, † 15. April 1933 Köln), Tochter des Färbers Peter Jost und der Gertrud Wirges. Aus dieser Ehe gingen 3 Kinder hervor, Erna (1920‒1922), Ruth (1921‒2002) und Kurt (1923‒2011).

Hans Hupkes zweite Heimat war nun Köln. Hier gründete er sich eine Existenz, indem er zur Reisegesellschaft Mitropa ging. Dieser Beruf führte ihn durch ganz Deutschland und auch ins Ausland. Er bekleidete dort zuletzt das Amt eines Personalchefs. In seiner Freizeit beschäftigte er sich nun mehr und mehr mit der Flora (insbesondere auch mit Adventivfloristik) und sammelte intensiv. Er nahm Beziehungen mit Naturfreunden aus aller Welt auf.

Im Frühjahr 1933 ereilte ihn ein schwerer Schicksalsschlag: Seine Frau starb nach langem Leiden. Auguste („Gustl“) Enders (* 27. Mai 1908 Köln, † 22. September 1978 Feldatal) wurde am 26. Mai 1934 in Köln seine zweite Frau.

Im Herbst 1944 schlug das Schicksal erneut zu: Hans Hupke verlor durch einen Bombenangriff sein Heim (in der Nähe eines Güterbahnhofes) und mit ihm sein gesamtes Herbarium von 40.000 Pflanzen, Pilzen und Flechten. Mit seiner Familie verließ er Köln und begab sich nach Hessen, welches seine dritte Heimat werden sollte. Er siedelte sich wegen verwandtschaftlicher Bindungen seiner zweiten Frau in Gross-Felda im Vogelsberg an, später dann im benachbarten Kestrich.

Handschrift Hans Hupke, Beleg aus FR Die Entbehrungen der Kriegsjahre und der große Schmerz um den Verlust seines Herbariums ließen ihn physisch und psychisch zusammenbrechen, weshalb er 1950 vorzeitig pensioniert wurde. Mit der Zeit erholte er sich und fing wieder an zu botanisieren; er sammelte und suchte nach seltenen Arten. Junge Leute, auch Apothekerlehrlinge, gingen bei Hans Hupke ein und aus. Er bestimmte vielfach das ihm vorgelegte Material. Sein Herbar wuchs von Jahr zu Jahr. Er korrespondierte und tauschte Pflanzen mit Partnern in vielen Ländern, zum Beispiel in Rußland, Amerika, Finnland, Schweden, Norwegen, Australien.

Bis ins hohe Alter widmete sich Hans Hupke seinen geliebten Pflanzen, Flechten und Pilzen. Als er am 31. Oktober 1976 im Alter von 88 Jahren starb, hinterließ er ein Herbarium von mehr als 85.000 Pflanzen.

Hans Hupke war ein begeisterter Florist und beschäftigte sich mit der Erforschung der Flora seines jeweiligen Wohngebiets. Bis 1944 waren dies das Rheinland in und um Köln (das 40.000‒60.000 Nummern umfassende erste Herbar wurde 1944 zerstört), ab 1945 der ober- und mittelhessische Raum. Auf seinen berufsbedingten Reisen erkundete er die örtlichen floristischen Besonderheiten. Hans Hupke besaß einen sehr großen Korrespondenzkreis mit zahllosen Botanikern und Floristen aus aller Welt, die ihn wissenschaftlich unterstützten und zur beträchtlichen Mehrung seiner Sammlung beitrugen. Auch eine Reihe von Familienmitgliedern half beim Sammeln: Bruder, Neffe, Tochter, Schwiegersohn sowie seine Enkel.

Die Senckenberg Gesellschaft in Frankfurt (Herbarium FR) besitzt seit Februar 1977 das gesamte zweite Herbar Hupkes. Es umfasst aufgrund der regen Kontakte in alle Welt eine große Zahl namhafter Sammler und nicht zuletzt durch eigene intensive Sammeltätigkeit eine Vielzahl von Sippen. Die inländischen Belege stammen überwiegend aus dem ober- und mittelhessischen Raum und sind Grundlage einiger Publikationen. Die Sammlung umfasst circa 85.000 Nummern folgender Aufteilung: 50.000 Phanerogamen (davon 50% ausländische aus Nordeuropa, Kalifornien, Kanada, Australien, Südwestafrika und Hawaii), 17.000 Pilze aller Gattungen, etwa 4.500 Moose, 1.559 Flechten (davon 99 aus Deutschland, ferner Belege aus Österreich, der Schweiz, aus Frankreich, Skandinavien, Italien, Makaronesien und Südosteuropa, Nord- & Südamerika, Neuseeland und Tasmanien), 12.000 Pflanzenmissbildungen und Krankheitsbilder. (Nach Frahm & Eggers gibt Hupke an, im Jahre 1962 dem Museum in Schweinfurt Flechten überlassen zu haben). Weitere Belege liegen in B, DANV, HBG, JE, KASSEL, M und MSTR.

Handschrift Hans Hupke Hans Hupke korrespondierte und tauschte unter anderem mit den folgenden Botanikern: Joseph Friedrich Nicolaus Bornmüller (1862‒1948), Otto Albert Fiedler (1880‒1971), Wilhelm Freiberg (1879‒1967), Oscar Klement (1897‒1980), Johann Andreas Kneucker (1862‒1946), Heinrich Lipser (1886‒1963), Elmer Drew Merrill (1876‒1956), Ernst Robert Missbach (1864‒1938), Andreas Nilsen Notø (1865‒1948), Lewis Samuel Rose (1893‒1973), Paul Otto Schallert (1879‒1970), Hermann Schulz (1882‒1970), Albert Schumacher (1893‒1975), Otto Karl Anton Schwarz (1900‒1983), Richard Heinrich Wilhelm Seydel (1885‒1972), Niilo Söyrinki (1907‒1991), Karlis Starcs (1897‒1953), Paul Thyssen (1891‒1974), Volkmar Vareschi (1906‒1991) und Umaldy Theodore Waterfall (1910‒1971).

Von Hupke beschriebene Pflanzen:


Nach Hupke benannte Pilze:
Ascochyta hupkei Ruppr. 1958 ‒ Sydowia 11, 121 „1957“.

Publikationen:
Hupke: Flora des nördlichen Vogelsberges
  • 1933: Adventiv- und Ruderalpflanzen der Kölner Güterbahnhöfe, Hafenanlagen und Schuttplatze. ‒ Wiss. Mitt. Verein f. Natur- u. Heimatk. in Köln a Rh. 1(3), 71‒89, Köln.
  • 1935: Adventiv- und Ruderalpflanzen der Kölner Güterbahnhöfe, Hafenanlagen und Schuttplätze. 1. Nachtrag. ‒ Verh. Naturhist. Ver. Rheinl. u. Westf. [Decheniana] 91, 187‒203, Bonn.
  • 1936: Einige Helvellaceae im Kölner Stadtgebiet. ‒ Aus der Heimat, Naturwissenschaftl. Monatsschr. 49, 149‒150, Öhringen - Stuttgart.
  • 1938: Adventiv- und Ruderalpflanzen der Kölner Güterbahnhöfe, Hafenanlagen und Schuttplätze. 2. Nachtrag. ‒ Rep. Spec. Nov. Regni Veget. Beih. 101, 123‒139, Dahlem.
  • 1951: Beiträge zur Flora des Vogelsberges II. Salix-Arten und -Formen mit besonderer Berücksichtigung des Kreises Alsfeld. ‒ Westdeutscher Naturwart, 2(2), 63‒66, Bonn. „1951/52“.
  • 1952: Die Natterzunge (Ophioglossum vulgatum L.) bei Alsfeld. ‒ Hess. Florist. Briefe, 1(8), [3], Offenbach/M.-Bürgel.
  • 1952: Neuer Fundort des Widerbarts, Epipogium aphyllum (Schmidt) Sw., in Oberhessen. ‒ Hess. Florist. Briefe, 1(11), [4], Offenbach/M.-Bürgel.
  • 1953: Beiträge zur Flora des Vogelsberges V. Im Kreise Alsfeld, besonders um Grossfelda beobachtete Rubus-Arten. ‒ Westdeutscher Naturwart, 3(1), 18, Bonn. „1952/53“.
  • 1953: Neue Orchis latifolia-Varietät im Vogelsberg. ‒ Westdeutscher Naturwart, 3(2/3), 79, Bonn. „1952/53“.
  • 1953: Brandpilze des Vogelsberges. ‒ Westdeutscher Naturwart, 3(2/3), 80‒83, Bonn. „1952/53“.
  • 1953: Orchis-Arten und -Formen in Oberhessen, besonders um Gr.Felda (Kreis Alsfeld). ‒ Hess. Florist. Briefe 2(17), [3], Offenbach/M-Bürgel.
  • 1953: Eine seltene Missbildung an Taraxacum officinale Web. ‒ Hess. Florist. Briefe, 2(20), [4], Offenbach/M-Bürgel.
  • 1954: Thymus pulegioides-Formen im Vogelsberg, spec. im Kreise Alsfeld. ‒ Westdeutscher Naturwart, 3(4), 174, Bonn. „1952/53“.
  • 1955: Tunica saxifraga Scop., die Steinbrech-Felsnelke, im Kreis Alsfeld. ‒ Hess. Florist. Briefe, 4(45), 4, Offenbach/M.-Bürgel.
  • mit A. Ludwig 1955: Eine monströse Form des Geranium robertianum L. ‒ Hess. Florist. Briefe, 4(48), 5-6, Offenbach/M.-Bürgel.
  • 1956: Morcheln und Lorcheln im Vogelsberg, speziell im Kreise Alsfeld. ‒ Hess. Florist. Briefe, 5(52), 3, Offenbach/M.-Bürgel.
  • 1960: Beiträge zur Flora des nördlichen Vogelsberges (Kreis Alsfeld). ‒ Hess. Florist. Briefe 9(101), 17‒20, Darmstadt.
  • 1960: Adventiv-Pflanzen, die in den Jahren 1946-1959 im Kreise Alsfeld (Oberhessen) beobachtet wurden. ‒ Hess. Florist. Briefe 9(108), 46‒48, Darmstadt.
  • 1962: Zur Flora des Haim- und Schulzenberges bei Fulda. ‒ Hess. Florist. Briefe 11(124), 15‒16, Darmstadt.
  • 1964: Brandpilze im Gebiet des Vogelsberges. ‒ Hess. Florist. Briefe 13(151), 29‒32, Darmstadt.
  • 1965: Die Pflanzenwelt. In: Mushake, A. L. M. (Schriftleitung): Landkreis Alsfeld. Monographie einer Landschaft, 37‒38. ‒ Mushakesche Verlagsanstalt/Franzmathes, Trautheim ü. Darmstadt/Mainz a. Rhein.
  • 1968: Ein seltener Brandpilz im Kreise Alsfeld (Vogelsberg). ‒ Hess. Florist. Briefe 17(200), 45, Darmstadt.
  • 1968: Lycopodien im Vogelsberg. ‒ Hess. Florist. Briefe 17(202), 54‒55, Darmstadt.
Publikationen über Hans Hupke:
  • Frahm, J.-P. & J. Eggers 2001: Lexikon deutschsprachiger Bryologen. ‒ Eigenverlag, Norderstedt. 672 Seiten. [215].
  • Redeker, H. 1999: Bedeutende Sammler des Herbarium Senckenbergianum (FR). ‒ Cour. Forsch.-Inst. Senckenberg 217, 1‒201, Frankfurt am Main. [S. 87]. Auch online (aktualisiert): Index Collectorum Herbarii Senckenbergiani (FR).
Quellen:

Bildnis: Archiv Herbarium Senckenbergianum Frankfurt/M. (FR)

Handschrift: Hans Hupke, Beleg und Brief aus FR

Genealogische Ergänzungen: S. Hodvina (Zwingenberg)

© BVNH 2. Mai 2017