Martin Dürer

* 6. Januar 1842 Bonames bei Frankfurt am Main
† 28. Februar 1921 Frankfurt am Main

von Koloman Stich & Stefan Dressler

Martin Dürer

Martin Dürer wurde als jüngstes von 4 Kindern des Lehrers Johann Georg Dürer (* 29. Juli 1798 Stepfershausen (Thüringen), † 11. Juli 1860 Bonames) und dessen Ehefrau Johanna Regina Caroline Bernthäusel (* 24. Oktober 1809 Frankfurt, † 14. April 1879 Frankfurt) am 6. Januar 1842 in Bonames geboren. Seine Geschwister waren Maria Sophie Elisabetha (1830‒1830), Theodora Mathilde Amalie (1832‒1886) und Philipp Friedrich (1835‒1886).

Neben dem Besuch der Dorfschule wurde Dürer privat in Latein und Französisch unterrichtet. Nach seiner Konfirmation begann er eine Lehre in der Adler-Apotheke von Bonames beim Apotheker Carl Bernhard Lehmann (1811‒1875). Diese lief vom 1. Juli 1856 bis 27. September 1860. Schon während seines Examens zum Gehilfen fielen Dürers gute botanische Kenntnisse auf (Möbius 1921, Strickler 1992).

Als Dürers Vater 1860 überraschend starb, sah sich Dürer nicht in der Lage, das Studium der Pharmazie aufzunehmen. Er wanderte im Dezember 1860 mit seinem Bruder von Bremen zunächst nach Louisiana und dann nach Texas aus und fand dort in einer Apotheke in Houston Anstellung als Gehilfe. Der Amerikanische Bürgerkrieg zwang Dürer 1861 zu einer abenteuerlichen Reise zurück nach Deutschland, er wäre sonst eingezogen worden, um für die Südstaaten zu kämpfen (sein Bruder jedoch blieb in Texas und überlebte als Kriegsteilnehmer auf Seite der Südstaaten). 1863 kam Dürer wieder in Frankfurt an und nahm vom 1. Oktober 1863 bis zum 31. März 1864 eine Stelle als Apothekergehilfe bei August Franz Arnold Weber, dem Mitentwickler der Emser Pastillen, in Ems (heute: Bad Ems) an. Am 28. April 1864 konnte er das Studium der Pharmazie in Heidelberg beginnen und beendete es nach zwei Semestern im März 1865. Sein Staatsexamen legte er im Sommer 1865 in Frankfurt ab. Im August 1865 trat er als Gehilfe in die Apotheke von Wilhelm Carl Christian Nonne (1804‒1884) in Bornheim ein und arbeitete hier bis April 1869. Am 26. Mai 1869 wanderte er dann ein zweites Mal nach Amerika aus, diesmal von Hamburg nach New York, wo er am 9. Juni 1869 eintraf. Wieder arbeitete er in einer Apotheke, welche er nach drei Jahren kaufen konnte. Nach dem Verkauf dieser Apotheke kehrte Dürer Anfang 1879 wohlhabend nach Frankfurt zurück (Möbius 1921, Strickler 1992). Er wohnte zunächst bei seiner noch lebenden Mutter und seiner Schwester.

Nun begann für den 37jährigen Dürer die Phase, in der er sich als Privatier ganz der Botanik widmen konnte. Unabhängig von einer Erwerbstätigkeit als Apotheker erforschte er die Pflanzenwelt in und um Frankfurt. Im Sommer nahm er an botanischen Exkursionen teil, zum Beispiel an denen von Gustav Sennholz (1850‒1895), der Obergärtner bei Franz Heinrich Siesmayer (1817‒1900) war, dem Gründer des Palmengartens. Auch wurde er Mitglied des Frankfurter Vereins „Käwwernschachtel“. Von seinen Exkursionen existieren Feldbücher und Pflanzenverzeichnisse. Im Winter widmete er sich seinem umfangreichen Herbarium. Dürer unternahm auch vereinzelt Reisen nach Franken, in die Rhön, den Schwarzwald oder nach Tirol. So wurde er zu einem „vorzüglichen“ Pflanzenkenner, welcher auch schwierige Gruppen (etwa Carex) beherrschte. Am 20. Juni 1904 wurde Dürer zum Sektionär für Botanik der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft (heute: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung) ernannt. Dort betreute er ehrenamtlich das Herbarium, ordnete es neu und erweiterte es mit großer Sorgfalt. Er widmete sich aber auch den lebenden Sammlungen im Botanischen Garten Frankfurt und im Stadtschulgarten.

Handschrift Martin Dürer, Beleg aus FR
Handschrift von Martin Dürer auf Herbaretikett (Beleg in FR)

Martin Dürer stand in Kontakt zu einer Reihe bedeutender Floristen seiner Zeit, zum Beispiel Johann Andreas Kneucker (1862‒1946), Carl Gabriel Baenitz (1837‒1913) und Paul Friedrich August Ascherson (1834‒1913). Freundschaften pflegte er mit Karl Touton (1858‒1934) in Wiesbaden, Ferdinand Paul Wirtgen (1828‒1924) in Bonn, Ludwig Geisenheyner (1841‒1926) in Kreuznach und Johann Jacob Müller-Knatz (1848‒1909) in Frankfurt. Auf Exkursionen war er hin und wieder mit August Wilhelm Peipers (1852‒1923), Otto Burck (1873‒1963) und anderen unterwegs. Er war ‒ trotz gewisser Eigenheiten ‒ bei allen floristisch Interessierten ein geschätzter Ratgeber.

Martin Dürer blieb unverheiratet. In seiner Sehkraft eingeschränkt, aber rüstig bis ins hohe Alter, starb Martin Dürer am 28. Februar 1921 mit 79 Jahren an einem Schlaganfall (Blaufuss & Reichert 1992, Burck 1956, Möbius 1921, Strickler 1992).

Sein Herbar („Flora von Hessen“, „Flora des Grossherzogtums Baden“) und sein botanischer Nachlass (Exkursionsberichte, Tagebücher, Fundortkartei etc.) aber auch einige private Schriftstücke wie Zeugnisse und ein Bericht über seine Reise von Texas nach Deutschland befinden sich im Herbarium Senckenbergianum Frankfurt/M. (FR), Einzelbelege sind in einer Reihe von Herbarien zu finden (B, DANV, FR, GOET, HAL, HBG, JE, KASSEL, L, M, MB, MNHM, MSTR, POLL, STU, WIES und andere).

Von Dürer beschriebene Pflanzen:


Nach Dürer benannte Pflanzen:
Chenopodium duererianum Murr 1901 ‒ Deutsche Bot. Monatsschr. 19, 53
Carex duereriana Kük. 1904 ‒ Syn. Mitteleur. Fl. 2, 231

Publikationen:
Dürer: Flora Hengster
  • 1884: Ein Frühlingsausflug in die Umgebung Schweinfurts. ‒ Deutsche Botan. Monatsschr. 2, 92‒93, Sondershausen.
  • 1884: Eine Mai-Exkursion nach Gau-Algesheim und Ockenheim. ‒ Deutsche Botan. Monatsschr. 2, 124‒125, Sondershausen.
  • 1884: Eine Pfingstexkursion in die Gegend von Echternach. ‒ Deutsche Botan. Monatsschr. 2, 174, Sondershausen.
  • 1886: Über die Verbreitung von Eragrostis minor durch die Eisenbahnen. ‒ Deutsche Botan. Monatsschr. 4, 190, Sondershausen.
  • 1887: Einiges über Galium aparine und seine Abarten. ‒ Deutsche Botan. Monatsschr. 5, 28‒29, Sondershausen.
  • 1888: Der „Hengster“ bei Frankfurt am Main mit seinen botanischen Schätzen. ‒ Deutsche Botan. Monatsschr. 6, 70‒72, Arnstadt.
  • 1888: Korrespondenzen. Vom Main. ‒ Deutsche Botan. Monatsschr. 6, 77‒78, Arnstadt.
  • 1888: In: L. Dosch, Excursions-Flora .. des Grossherzogthums Hessen .., 613‒616 [„Von Herrn Dürer in Frankfurt a. M. wurden in sehr dankenswerter Weise noch folgende Standorte von Pflanzen angegeben:“].
  • 1890: Botanische Wanderungen in Südtirol. ‒ Deutsche Botan. Monatsschr. 10, 152‒161, Arnstadt.
  • 1892: [„hat interessante Pflanzen des Rheingebietes übersandt“]. In: Torges [Dr. E.]: Bericht über die Hauptversammlung in Erfurt am Sonntag, den 28. September 1890. ‒ Mitt. Geograph. Ges. Thüringen Jena 11 [Mitt. Botan. Ver. Gesamt-Thüringen]: 39‒41, Jena.
  • 1897: Die Flora der Torflachen bei Virnheim an der hessisch-badischen Grenze. ‒ Allg. Botan. Zeitschr. 3, 146‒147, Karlsruhe.
  • 1907: Zur Flora des Vereinsgebietes. ‒ Ber. Versamml. Botan. Zoolog. Ver. Rheinland-Westfalen 1, 59‒67, Bonn.
  • 1914: Flora. In: Taunus-Klub (Hrsg.), Taunus-Führer. Beschreibung sämtlicher Bahnlinien sowie der schönsten Wanderungen im gesamten Taunus, des Rheintales von Mainz bis Koblenz, 6. Aufl., 25‒30, Wiesbaden.
  • mit J. Müller 1885: Standorte der Pflanzen. In: Taunusklub (Hrsg.), Taunusführer. Mit einer Routenkarte, zwei Plänen und einer Tafel Ansichten, 64‒67. ‒ Ludwig Ravenstein, Frankfurt am Main.
  • mit J. Müller-Knatz 1909: Flora. In: Taunus-Klub (Hrsg.), Taunus-Führer. Beschreibung sämtlicher Bahnlinien sowie der schönsten Wanderungen im gesamten Taunus, des Rheintales von Mainz bis Koblenz, 5. Aufl., 26‒31, Wiesbaden.
unveröffentlicht:
  • 1863: Beschreibung meiner Reise von Texas über Mexico nach Deutschland. ‒ Manuskript, 18 Seiten, Frankfurt am Main. [Archiv Herbarium Senckenbergianum Frankfurt/M. (FR)]
Quellen:
  • Blaufuß A. & H. Reichert 1992: Die Flora des Nahegebietes und Rheinhessens. ‒ Pollichia-Buch 26, 56‒57, Bad Dürkheim.
  • Burck O. 1956: Martin Dürer zum Gedenken. ‒ Hess. Florist. Briefe 5(51), 1‒2, Offenbach-Bürgel.
  • Conert H. J. 1967: Aus der Geschichte des Senckenberg-Museums, Nr. 11: Die Geschichte der Botanisch-Paläobotanischen Abteilung. ‒ Senckenberg. Biol. 48, Sonderheft C: 29 [Portr.], 36, 44‒45, Frankfurt am Main.
  • Conert H. J. 1979: Martin Dürer und seine botanische Exkursion in die Rhön (12.‒14. Aug. 1890). ‒ Natur Museum 109(8), 279‒284, Frankfurt am Main.
  • Möbius M. 1921: Die Frankfurter Floristen. Zur Erinnerung an Martin Dürer. ‒ Ber. Senckenbergischen Naturforsch. Ges. 51(4), 154‒166, Frankfurt am Main.
  • Redecker H. 1999: Dürer, Martin. In: Bedeutende Sammler des Herbarium Senckenbergianum (FR). ‒ Courier Forsch.-Inst. Senckenberg 217, 79‒80, Frankfurt am Main.
  • Reichert H. 1998: Die Erforschung der Flora von Trier und seiner Umgebung durch Freizeit-Botaniker vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Ein Beitrag zur Geschichte der naturkundlichen Heimatforschung und zur Biographie Trierer Persönlichkeiten. ‒ Neues Trierisches Jahrb. 1998, 89, Trier.
  • Reichert H. & H.-D. Schwarz 1997: Dürer, Martin. In: Hein W.-D. & H.-D. Schwarz: Deutsche Apotheker Biographie. Ergänzungs-Band II, 65‒66, Stuttgart.
  • Strickler M. 1992: Die Erforschung der Pflanzenwelt des ehemaligen Moorgebietes „Hengster“ durch Martin Dürer von 1882 bis 1912. ‒ Unveröffentl. Examensarbeit Goethe-Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main. 77 + 30 Seiten.
  • Strickler M. 1993: Die Erforschung der Pflanzenwelt des ehemaligen Moorgebietes Hengster durch Martin Dürer von 1882 bis 1912. ‒ Bot. Natursch. Hessen, Beih. 5, 1‒53, A1‒A26. [Portrait, Bibliographie, Handschrift].

Bildnis: © Archiv Herbarium Senckenbergianum Frankfurt/M. (FR)
Handschrift: Herbaretikett von Martin Dürer, © Herbarium Senckenbergianum Frankfurt/M. (FR)

Genealogische Angaben:
Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main (V. Harms-Ziegler)
Datensammlung Sylvain Hodvina

© BVNH 30. Okt. 2015